Feuer ohne (viel) Rauch 34 www.jerome-kassel.de JÉRÔME WIRTSCHAFT Uni-Projekt GloW wird mit Hilfe von Uni und Wirtschaftsförderung zum Erfolgsmodell Wir hier in Mitteleuropa kochen auf Glaskeramik. Oder per Induktion. Gleichzeitig wird in anderen Teilen der Welt das Essen am offenen Feuer zubereitet. Das Ganze aber hat weniger mit Romantik als vielmehr mit purer Not zu tun, und die Folgen sind verheerend: Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO starben allein im Jahr 2012 mehr als vier Millionen Menschen an vergifteter Luft, wie sie beim Kochen am offenen Feuer oder an Kohleöfen entsteht. Damit soll nun Schluss sein. Eine ebenso einfache wie geniale Idee aus Kassel verspricht Abhilfe. Ein kleiner Herd ist es, den sich die vier Studenten ausgedacht haben. Als sich Sebastian Erdmann und Markus Espeter während ihres Studiums in Uganda kennenlernten, war den beiden aufgrund der Lebensbedingungen der Menschen schnell klar, dass geholfen werden musste. Also entwickelten die beiden eine Idee, wie man aus bereits bestehenden Herdmodellen eines entwickeln könnte, für das man einerseits weniger Arbeit, andererseits weniger Material aufwenden müsste. Der sich vor Ort schnell montieren lässt. Und der vor allem aber weniger Emissionen aufweist. Kaum Qualm, mehr Hitze Gedacht, gebaut. Ein Modell entstand, aus Pappe zusammengeklebt, später der solide Prototyp aus Edelstahl. Im Blaumann werkelten Erdmann, Espeter und die später hinzu gekommenen Partner Lia Weiler und Christiane Richter in jener Wohnung in der Nordstadt, in der Lia Weiler und Sebastian Erdmann zusammen leben. Das Modell erfüllte alle Anforderungen. Es qualmte erheblich weniger als offenes Feuer, produzierte weniger Ruß, stattdessen aber mehr Hitze. Die erfreulichen Folgen: Deutlich weniger Gesundheitsschädigung, schneller zubereitete Mahlzeiten und zusätzlich der Gewinn von wieder verwendbarer Holzkohle anstelle von nutzloser Asche. Außerdem reichen als Fütterung des Herdes nun 1,2 Kilo Holz – für das gleiche Essen mussten bislang fünf Kilo Brennmaterial bei doppelter Garzeit aufgetrieben werden. Unterstützung kommt von zwei Seiten Aus der Idee, dem Modell und dem Prototyp wurde nun das junge Unternehmen GloW. Den zweiteiligen Herd stellte Erdmann bei einem Ideenwettbewerb der Uni Kassel vor und heimste gleich den Publikumspreis ein. Mittlerweile helfen die Uni und die Wirtschaftsförderung Region Kassel GloW, sich zu entwickeln. Mit Hilfe der Crowdfunding-Plattform Startnext, einem Produkt der Kasseler Uni, suchen die Gründer derzeit finanzielle Unterstützung für ihre Idee. Besonderheit am Rande: Die Kasseler Crowdfunding-Seite ist die erste Crowdfunding- Seite in Deutschland, die von einer Universität initiiert ist. „Wir fördern dieses Projekt, indem wir nach Unterstützern suchen, die wiederum bereit sind, Geld dafür zu geben.“ Annika Wallbach arbeitet für UniKasselTransfer, jener Organisation innerhalb der Uni, die Initiatoren neuer Projekte von der Ideenfindung bis zum fertigen Produkt beziehungsweise zur Gründung eines neuen Unternehmens begleitet und fördert. Unterstützer finden die Projekte beim Crowdfunding nicht nur in Unternehmen, sondern vor allem bei Privatleuten. Ebenfalls wichtig für Jungunternehmer wie die Vier vom GloW ist die Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung Region Kassel. „Die Region Kassel ist ein erfolgreicher Gründerstandort. Mit Hilfe der Crowdfunding Plattform ermöglichen wir gezielt, dass sich kreative Ideen aus der Region Kassel einem potentiellem Markt stellen. Der Erfolg erster Projekte belegt diesen innovativen Weg“, sagt Kai Lorenz Wittrock, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Region Kassel. Die regionale Unterstützung scheint sich auszuzahlen. Es gibt einen Vertriebspartner, der in Uganda Herde vertreibt. 30 Euro kosten diese, etwa ein Drittel eines durchschnittlichen Monatseinkommens. „Vielleicht können wir im Preis noch runtergehen, weil wir eine noch günstigere Transportmöglichkeit gefunden haben“, freut sich Sebastian Erdmann. Derzeit sucht GloW Unternehmen, die das benötigte Metall stanzen können. Es spricht nichts dagegen, dass GloW auch zukünftig seine Herde produzieren und ausliefern wird. Im Gegenteil: Erste Kontakte nach Kenia wurden bereits geknüpft, die Uni Köln fragte an, ob ein Gastvortrag über das Projekt möglich sei. Geld für Gründer wird über die Crowdfunding Seite eingeworben, ein Gemeinschaftsprojekt von Uni Kassel, Wirtschaftsförderung Region Kassel und der Crowdfunding-Plattform Startnext. Hier kann man Ideen vorstellen und diese durch Unterstützer finanzieren. Die Seite verbindet individuelle und persönliche Betreuung durch die Gründerberatung der Uni mit nationaler Sichtbarkeit des Projekts. Mehr unter www.unikat-crowdfunding.de Von Ralph-Michael Krum An diesem Holztresen in Sebastian Erdmanns (rechts) Wohnung entstanden das Pappmodell und der erste richtige Herd. Christiane Richter und Lia Weiler (von links) präsentieren hier die Modelle. Auf dem Foto fehlt der Vierte im Bunde, Markus Espeter. Mit dabei ist Annika Wallbach, die als Mitarbeiterin von UniKasselTransfer mit Hilfe der Crowdfunding- Seite Unterstützer für das Projekt GloW einwirbt. Foto: nh
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