Mitten in Deutschland. In Hessen ganz oben. Dynamisch und sympathisch. Weltoffen und lebenswert. Attribute, die nach einem documenta-Sommermärchen und einem stimmungsvollen Jubiläumsjahr ganz selbstverständlich mit Kassel verbunden werden. Zuneigung erst auf den zweiten Blick, vielleicht sogar drei Mal genau hingucken – das kennzeichnete viel zu lange das Selbstbild und das Fremdbild Kassels. Doch frage ich mich: Warum fühlten und fühlen sich Zugereiste trotzdem so schnell wohl? Ankommen, darauf kommt es an. Als mich, einen Rhöner Jungen, berufliche Gründe 1980 nach Kassel verschlugen, hatte ich bereits nach kurzer Zeit das Gefühl, eine zweite Heimat gefunden zu haben, gründete eine Familie, sah meinen Sohn aufwachsen. Dass ich gerade jetzt in „meiner“ Stadt, die einen derartigen Wandel erlebt hat, als Oberbürgermeister an der Zukunft Kassels mitgestalten darf, ist für mich Erfüllung und Herausforderung zugleich. Mein Ziel ist es, dass Kassel in einigen Jahren zum Kreis der wohlhabenden Städte in Deutschland gehört. Wer jetzt lächelt: Wenn ich Ihnen vor zwanzig Jahren das Bild Kassels im Jahre 2013 gezeichnet hätte, hätten Sie an diese Entwicklung geglaubt?
Heimat ist untrennbar mit Lieblingsplätzen verbunden. Ein solcher Ort ist für mich das Rondell an der Schlagd. Als ich Regierungspräsident war, verbrachte ich dort Arbeitspausen oder suchte Ablenkung nach stressigen Sitzungen. Die ruhig dahinfließende Fulda hat von dort oben etwas sehr Entspannendes; es scheint, als ob das Wasser die Zeit bremst, und man kommt zur Ruhe. Am meisten hat mich in meinen 33 Kasseler Jahren die Grenzöffnung bewegt. Ich erinnere mich noch gut an die Begeisterung, als die Thüringer nach Kassel kamen; das hat keinen von uns kaltgelassen und die Freude und Begeisterung waren herzerwärmend. Zuletzt genoss ich einen magischen Moment am letzten Tag der documenta 13, als ich zusammen mit Geschäftsführer Bernd Leifeld am 16. September 2012 symbolisch die Tür des Fridericianums abschloss. Ohne große Absprachen oder Werbung war der Friedrichsplatz genau zu diesem Zeitpunkt voller Menschen, die sich von einem wunderbaren documenta-Sommer verabschieden wollten. Da lag ein ganz besonderer Zauber über dem Platz. Je intensiver ich also darüber nachdenke, was mir Kassel bedeutet und welche Ereignisse mich beeindruckt und geprägt haben, desto mehr gerate ich ins Schwärmen. Ja, ich bin angekommen. Und darauf kommt es an.
Bertram Hilgen
Oberbürgermeister der Stadt Kassel