Jacob-Grimm-Preis für Prof. Dr. Peter Eisenberg
Den mit 30.000 Euro höchstdotierten deutschen Sprachpreis, den seit 2001 von der Eberhard-Schöck-Stiftung und dem Verein Deutsche Sprache vergebenen Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache, erhielt in diesem Jahr der in Kassel aufgewachsene Linguist Prof. Dr. Peter Eisenberg, dessen Spezialgebiet die deutsche Grammatik ist. Er trägt die Ehrendoktorwürde der Universität Bamberg sowie der Universität Roskilde (Dänemark) und erhielt sowohl den Konrad-Duden-Preis (2008) wie auch den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa (2015). Peter Eisenberg engagierte sich als Kritiker der Rechtschreibreform und gilt als streitbarer Gegner der sogenannten »gendergerechten Sprache«.
Beim Jacob-Grimm-Preis steht er zudem in einer Reihe mit Schriftstellern wie Günter de Bruyn, Cornelia Funke und Peter Härtling, und mit Künstlern wie Loriot, Udo Lindenberg, Ulrich Tukur, Katharina Thalbach und Dieter Nuhr – ich bin sicher, dass er sich auch in dieser Gesellschaft wohlfühlt.“ So Prof. Dr. Helmut Glück, Sprecher der Jury des Kulturpreises Deutsche Sprache, über den Preisträger Prof. Dr. Peter Eisenberg, der am Kasseler Friedrichsgymnasium sein Abitur machte, dann zunächst Tonmeister und Nachrichten-Ingenieur wurde, bevor er im Rahmen seiner wissenschaftlichen Karriere unter anderem den »Grundriss der deutschen Grammatik« (1986) und, federführend, die 6. Auflage der »Duden-Grammatik« (1998) verfasste – in der Germanistik beide weltweit Standardwerke – sowie »Das Fremdwort im Deutschen« (2011). Um ein solches, das in den letzten Jahren hohe Wellen schlug, ging es Prof. Dr. Eisenberg auch in seiner Erwiderung auf die Überreichung des Jacob-Grimm-Preises durch Jürgen Kaube, einen Mitherausgeber und zudem Feuilletonleiter der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Fremdwort im Deutschen
„Der Gender-Bewegung weht endlich der Wind ins Gesicht!“, stellte der renommierte Linguist zur Einleitung fest und nahm in der Folge seine Kollegen in die Pflicht: „Die Sprachwissenschaft hat im öffentlichen Sprachdiskurs eine Bringschuld, die sie viel zu wenig wahrnimmt. Diese Bringschuld besteht im Prinzip darin, dass die Sprachwissenschaft in der Lage ist, eine sprachliche Erscheinung, die Gegenstand des öffentlichen Diskurses ist, genau zu umschreiben.“ Als empirische Wissenschaft müsse sie zwar nicht werten, könne aber begründete Aussagen machen, im Sinne von: Etwas sei unproduktiv, obsolet, sprachlich marginal, wahrscheinlich wirkungslos oder überbewertet. „Wenn sie das tut“, so Eisenberg, „schärft sie die Wahrnehmung auf die Sprache in einer Art und Weise, wie es niemand sonst kann – und das muss sie!“
Genus bedeutet nicht Geschlecht
Im Hinblick auf die sogenannte »gendergerechte Sprache« führte er aus: „Genus bedeutet sowohl im Griechischen als auch im Lateinischen nichts anderes als: Rasse, Art, Gattung – nichts weiter. Es bedeutet nicht Geschlecht.“ Der Begriff sei nur so zu verstehen, wie etwa in der Bibel vom »Geschlecht Abrahams und Isaaks und Jakobs« die Rede sei. „Aber mit Sex oder sexualisiertem Geschlecht hat es überhaupt nichts zu tun.“ Die Rede vom grammatischen Geschlecht, bei der »Femininum« und »Maskulinum« dann auch noch fälschlicherweise als »männlich« und »weiblich« bezeichnet werde, es mithin zu einer Sexualisierung der Sprache komme, wie es sie in den frühmitteleuropäischen Sprachen gar nicht gegeben habe, dies sei ein Unglücksfall in der Geschichte der deutschen Grammatik-Schreibung. „Diesen auszurotten habe ich mir für den Rest meines Lebens vorgenommen“, wie der Preisträger unter starkem Beifall sagte und ins Detail ging.
Unmarkiertes Genus
„In jedem Feld von grammatischen Kategorien ist eine die Unmarkierte. Nehmen Sie nur Singular und Plural: Plural bedeutet Mehrzahl, Singular jedoch nicht zwangsläufig Einzahl. Wenn Sie etwa sagen: „Der Löwe ist ein Raubtier“, so ist „der Löwe“ zwar Singular, aber keine Einzahl. Überall haben wir diese entlastende Funktion, die uns den freien Sprachgebrauch sichert. Und so ist es auch beim Genus.“ Das Maskulinum sei das unmarkierte Genus bei Personenbezeichnungen, denn das Femininum habe immer einen Bezug auf weiblich, während das Maskulinum sich zwar auch auf männlich beziehe, jedoch nicht ausschließlich. „Wenn ich sage: „60 Prozent der Berliner Richter sind Frauen“, dann habe ich „Richter“ benutzt und niemand stört sich an dem Satz – außer den ideologisierten Vorkämpfern des Genderismus.“ Folge man weiter deren in sprachwissenschaftlicher Hinsicht völlig falschen Vorschriften, seien die Folgen fatal: „Wir sind dabei, unsere Verwaltungssprache, unsere Sprache in den öffentlichen Institutionen, an den Universitäten, an den Stiftungen und in den Parteien in eine bizarre Sackgasse manövrieren zu lassen.“
Sprachfremde private Zeichen
„Wir können nichts dagegen tun, dass wir Tausende von Gleichstellungsbeauftragten haben, die sich an der Sprache vergreifen – und nichts davon verstehen. Das ist beängstigend, das ist wirklich beängstigend!“, sagte Prof. Dr. Eisenberg, erneut gefolgt von starkem Applaus im Saal. „Niemand soll uns vorschreiben, welche Wörter wir wann zu verwenden haben. Niemand kann von uns verlangen, private sprachfremde Zeichen wie den Gender-stern zu akzeptieren.“ Der Ausdruck gruppenspezifischer Ideologien sei weder ein Karriere- noch ein Mittelvergabekriterium und kein Wahlergebnis dürfe davon abhängig gemacht werden, ob sich jemand »Gender-Vorschriften« unterwerfe.
Freiheit des Wortes verteidigen
„Wir können und sollten Frauen sichtbar machen, so gut wir können und soweit es die Fairness gebietet und die Gleichstellung der Geschlechter verlangt“, so der Linguist, und dazu habe man im Deutschen so viele Mittel, dass es dafür keiner Veränderung der Sprache bedürfe, denn: „Die Freiheit des Wortes ist die Grundlage unserer Demokratie und nicht verhandelbar“, zitierte der Sprachforscher den Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Heinrich Riethmüller, der sich so zur Eröffnung der diesjährigen Frankfurter Buchmesse äußerte. „Daran sollten wir immer denken, wenn uns Sprachvorschriften gemacht werden!“, mahnte Eisenberg abschließend, auch hier begleitet von starkem Beifall.