Meine persönliche Kassel-Geschichte spielt nicht im Stadtgebiet und ist kaum greifbar. Sie beschreibt eher ein Gefühl als ein konkretes Ereignis.
Während meines Studiums gab es regelmäßig Phasen, in denen ich in München sein musste. Ich kann verstehen, dass es viele Menschen gibt, die sich an der Isar wohlfühlen. Die Biergärten, das kulturelle Angebot und die Folklore sind nett, zwischen der bayrischen Landeshauptstadt und mir hat sich jedoch keine Liebesbeziehung entwickelt.
Ab und an habe ich das Auto statt der Bahn genutzt, um zwischen München und Kassel zu pendeln. Nach einer langen Uni-Phase und einer beschwerlichen Fahrt (in der Regel Freitagabend) habe ich immer meinem persönlichen Kassel-Moment entgegengefiebert. Wer jemals über die A7 aus dem Süden nach Kassel gekommen ist, weiß, wovon ich spreche. Es gibt diese eine Stelle, kurz hinter der Abzweigung für die A44. Nach dem letzten Anstieg und einer langen Linkskurve ist man plötzlich hoch oben über dem Kasseler Becken. Abends sieht man die Lichter der Stadt, erkennt die Stadtteile und die markanten Gebäude, und über allem thront der Herkules in seinem grünen Licht. Bei mir stellt sich dann das Gefühl von Geborgenheit ein, ich bin zu Hause. All die vielen lieb gewonnenen Geschichten, Besonderheiten und Personen sind wieder da, und ich weiß, warum kein anderer Ort auf der Welt meine Heimat sein kann.
Pierre Schlosser
Projektkoordinator GrimmHeimat NordHessen